Pressemitteilung

Bad Homburg, Berlin – Mit der Kombination aus dem Angiogenesehemmer Ramucirumab (Cyramza[sup] ®[/sup] ) und dem Tyrosinkinase-Inhibitor Erlotinib wurde eine neue Option für die Erstlinientherapie Erwachsener mit metastasierendem nicht-kleinzelligem Lungenkarzinom (NSCLC) mit aktivierenden Mutationen des epidermalen Wachstumsfaktorrezeptors (EGFR) zugelassen[sup] 1[/sup] . Basis hierfür waren die Ergebnisse der Phase-III-Studie RELAY[sup] 2[/sup] , deren Ergebnisse im Rahmen einer Pressekonferenz auf dem Deutschen Krebskongress 2020 vorgestellt wurden. Darüber hinaus verdeutlichte die Veranstaltung, dass eine umfassende genetische Testung aller Patienten mit fortgeschrittenem NSCLC auf Treibermutationen unabdingbar für eine wirksamere, individuelle zugeschnittene Therapie ist.

„Das Lungenkarzinom ist heute die weltweit häufigste Krebstodesursache. dessen 5-Jahres-Überlebensrate mit ca. 20 % deutlich schlechter ist als bei anderen häufigen Tumorerkrankungen wie Brust- oder Darmkrebs“, erläuterte Prof. Dr. Martin Reck, Großhansdorf. Gerade beim nicht-kleinzelligen Lungenkarzinom (NSCLC), gebe es jedoch eine Vielzahl neuer Therapieansätze, wie etwa den Einsatz von Tyrosinkinase-Inhibitoren (TKI) bei Tumoren mit aktivierenden Mutationen. „Wir kennen heute eine große Zahl solcher Treibermutationen, die bestimmte Signalwege der Tumorzellen dauerhaft aktivieren und so ihre Proliferation fördern“, so Reck. Mit am häufigsten beim NSCLC sind Mutationen in den Exons 19 (19del) und 21(L858R) des EGFR-Gens, deren Prävalenz in Europa ca. 15 % beträgt3. Reck zufolge sind TKI wie Erlotinib bei diesen Patienten einer Chemotherapie hinsichtlich Ansprechrate, progressionsfreiem Überleben und Verträglichkeit deutlich überlegen. „Früher oder später entwickeln jedoch alle Patienten eine TKI-Resistenz, d. h. wir brauchen noch wirksamere Optionen, um eine möglichst langanhaltende Tumorkontrolle zu erreichen.“

PFS unabhängig vom Mutationsstatus

In der internationalen Phase-III-Studie RELAY2 wurde daher untersucht, ob dieses Ziel durch eine kombinierte VEGF- und EGFR-Blockade mit Ramucirumab und Erlotinib erreichbar ist. Eingeschlossen waren 449 therapienaive Patienten im NSCLC-Stadium IV mit den EGFR-Mutationen 19(del) oder 21 (L858R). Sie erhielten täglich 150 mg Erlotinib sowie alle zwei Wochen entweder 10 mg/kg Ramucirumab oder Placebo. Im primären Endpunkt des progressionsfreien Überlebens ermöglichte die Kombination im Vergleich zum Kontrollarm eine signifikante Verbesserung um 7 Monate (19,4 vs. 12,4 Monate, HR: 0,59, p < 0,0001). Der Vorteil im PFS zeigte sich in allen untersuchten Subgruppen, d. h. er war unabhängig von Geschlecht, Alter, ethnischer Herkunft, ECOG-Status (0 oder 1) oder dem Vorliegen von Lebermetastasen. Bemerkenswert war zudem, dass auch der Mutationsstatus keine Rolle spielte: So betrug das PFS bei Patienten mit der Exon-19-Deletion 19,6 vs. 12,5 Monate (HR: 0,65; p = 0,0098) und bei Patienten mit der Mutation im Exon 21 19,4 vs. 11,2 Monate (HR: 0,62; p = 0,0060). „In den bisherigen Studien mit TKI schnitten Patienten mit einer Exon-21-Mutation hingegen fast immer schlechter ab, könnten also somit von der neuen Kombination in der Erstlinie besonders profitieren“, erläuterte Reck. Unter der Wirkstoffkombination wurde zudem eine signifikante Verlängerung des medianen Ansprechens erreicht (18,0 vs. 11,1 Monate, HR: 0,62, p = 0,0003). Darüber hinaus entwickelten unter der Kombination nicht mehr Patienten eine EGFR-T790M-Resistenzmutation als unter EGFR-alleine (43 % vs. 47 %), 2 Patienten mit einer solchen Resistenz können in der nächsten Therapielinie mit einem TKI der dritten Generation behandelt werden. 4

Das Sicherheitsprofil von Ramucirumab plus Erlotinib entsprach dem der beiden Einzelsubstanzen beim fortgeschrittenen NSCLC, ohne dass neue sicherheitsrelevante Signale identifiziert wurden. Therapieassoziierte Nebenwirkungen traten unter der Kombination häufiger auf als in der Kontrollgruppe, waren jedoch meist vom Grad 1 oder 2. Häufigste unerwünschte Ereignisse vom Grad 3 waren unter der Kombination Hypertension (24 %), akneiforme Dermatitis (15 %) und ALT-Erhöhungen (8 %). 2 „Die Kombination aus Ramucirumab und Erlotinib ist eine neue Option für die Initialtherapie des metastasierten NSCLC, die den Einsatz anderer zielgerichteter Wirkstoffe in folgenden Therapielinien unterstützt“, bilanzierte Reck.

Diagnose beim NSCLC verbessern

Dass alle NSCLC-Patienten, die eine systemische Therapie benötigen, zuvor eine umfassende Testung auf Treibermutationen erhalten sollten, unterstrich Prof. Dr. Reinhard Büttner, Köln: „Der Einsatz gezielt gegen solche Mutationen wirkender Substanzen im Rahmen einer personalisierten Behandlung, führt gegenüber der herkömmlichen Chemotherapie zu einem deutlichen Gewinn an Lebenszeit.“ Bei einem Progress sollte zudem erneut auf neu entstandene Resistenz-Mutationen getestet werden. „Neben Methoden wie PCR und Liquid-Biopsie, die zwar sehr rasche, aber nur begrenzt aussagefähige Ergebnisse liefern, sollte zudem ein Next-Generation-Sequencing (NGS) erfolgen, mit dem sämtliche Mutationen auf DNA- und RNA-Ebene erfasst werden können“, erläuterte der Experte. Büttner stellte in diesem Zusammenhang das 2010 gegründete Netzwerk Genomische Medizin (NGM) Lungenkrebs5 vor, dessen 15 spezialisierte Diagnosezentren deutschlandweit mit Krankenhäusern und Facharztpraxen zusammenarbeiten. 2018 wurden im NGM ca. 10.000 Patienten mit fortgeschrittenem NSCLC diagnostiziert, etwa ein Drittel der betroffenen Population. „Ziel des NGM ist es jedoch, bei jedem Patienten mit einem nicht resektablen, bösartigen Lungentumor eine umfassende Diagnostik durchzuführen, die alle Aspekte möglicher Therapieentscheidungen zeitnah und unabhängig von der Frage einer Kostenerstattung abklärt“, so Büttner.

* Pressekonferenz Lilly Oncology: Neue Optionen in der Therapie des EGFR-mutierten mNSCLC, 20.02.2020 .

Quellen

  1. Fachinformation Cyramza®, Stand Januar 2020.

  2. Nakagawa K et al., Lancet Oncol 2019; doi: 10.1016/S1470-2045(19)30634-5. Epub ahead of print.

  3. Midha A et al. Am J Cancer Res. 2015 Aug 15;5(9):2892-911. eCollection 2015.

  4. https://www.onkopedia.com/de/onkopedia/guidelines/lungenkarzinom-nicht-kleinzellig-nsclc/@@guideline/html/index.html (letzter Zugriff 23.2.2020).

  5. https://ngm-cancer.com/das-netzwerk/ (letzter Zugriff 23.2.2020).

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